Wann sind Verträge wirksam – bei Stellvertretung

Oft erreichen uns Fragen, die weniger finanz- denn eher rechtsorientiert sind. Fast alle wissen, was ein Vertrag ist, haben schon mal von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehört, kaufen munter im Internet oder per Versandhandel ein oder wissen mit solidem „Halbwissen“, das einem als Käufer Rechte wie Wandlung, Minderung, Schadenersatz zustehen können. Doch fragt man nach, wie eigentlich ein Vertrag zustandekommt, wann Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten, in welche Kategorie der Versand- und Internethandel fällt oder welche Bedingungen erfüllt sein müssen für Wandlung, Umtausch oder Minderung, dann entpuppt sich das „Halbwissen“ auch als solches. Damit das nicht bleibt, werden wir in dieser Woche einmal die wesentlichsten Grundlagen, gewissermaßen das kleine EinmalEins des Vertragsrechts beleuchten in unserer

Woche der Rechtsgrundlagen

Teil 3

Die Wirksamkeit von Verträgen – Stellvertretung

Willenserklärung im fremden Namen

Rechtsgeschäftliches Handeln erzeugt grundsätzlich Rechtfolgen für und gegen denjenigen, der eine Willenserklärung abgegeben hat. Häufig kann (und möchte) der Geschäftsherr jedoch nicht selbst handeln und muss sich daher vertreten lassen.

Als Stellvertreter handelt, wer eine eigene Willenserklärung im fremden Namen abgibt (Unterschied zum Boten, der eine fremde Willenserklärung übermittelt). Der Stellvertreter muss zu erkennen geben, dass das Rechtsgeschäft unmittelbar Wirkung für oder gegen eine andere Person entfalten soll (sog. Offenkundigkeitsprinzip). Eines ausdrücklichen Hinweises des Stellvertreters darauf, im fremden Namen zu handeln, bedarf es jedoch nicht. Vielmehr genügt es, wenn sich aus den die Abgabe der Willenserklärung begleitenden Umständen ein entsprechender Wille des Erklärenden ergibt (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Handeln bei einem Vertragsschluss einer oder mehrere Beteiligte als Stellvertreter, werden die Vertretenen, nicht aber die Stellvertreter selbst, Vertragspartner, sofern die Stellvertreter mit Vertretungsmacht handelten.

Handeln mit Vertretungsmacht

Wirksamkeit für und gegen den Vertretenen tritt durch die in fremdem Namen abgegebene Willenserklärung nur ein, wenn das Handeln des Stellvertreters von Vertretungsmacht gedeckt ist. Die Vertretungsmacht kann auf verschiedene Weise begründet werden. Sie kann sich

– aus der rechtsgeschäftlichen Erteilung (z.B. Vollmacht, § 167 BGB),

– unmittelbar aus dem Gesetz (z.B. Vertretungsmacht der Eltern für ihre minderjährigen Kinder, § 1629 BGB) oder

– aus der Satzung einer juristischen Person (z.B. Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer GmbH)

ergeben.

Rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht

Gemäß § 167 BGB kann eine Vollmacht erteilt werden durch eine Erklärung gegenüber dem Stellvertreter (Innenvollmacht) oder durch Erklärung gegenüber einem Dritten, demgegenüber der Stellvertreter im Namen des Vollmachtgebers auftreten soll (Außenvollmacht). Den Umfang der Bevollmächtigung kann der Vollmachtgeber grundsätzlich frei bestimmen. Die wichtigste Ausnahme der frei bestimmbaren Einschränkung der Vollmacht ist das im Handelsrecht bedeutsame Institut der Prokura. Die Prokura ist eine umfassende, nach außen unbeschränkbare Vertretungsmacht (§§ 48 ff. HGB).

Vollmacht und Grundverhältnis

Regelmäßig liegt einer Vollmacht ein schuldrechtlicher Vertrag zugrunde (z.B. Arbeitsvertrag). Dieses Vertragsverhältnis wird als Grundverhältnis bezeichnet. Die Vollmacht betrifft hingegen das Außenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und einem Dritten. Sie berechtigt also den Bevollmächtigten, verpflichtet ihn aber nicht. Im Gegensatz dazu zielt das Grundverhältnis auf das Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem. Es verpflichtet den Bevollmächtigten gegenüber dem Vollmachtgeber, für ihn tätig zu werden (z.B. Arbeitsvertrag).

Beide Verhältnisse (Vollmacht und Grundverhältnis) sind scharf voneinander zu trennen (Trennungs- und Abstraktionsprinzip). Diese Trennung bewirkt die wechselseitige Unabhängigkeit zwischen Bevollmächtigung und Grundverhältnis, so dass Mängel des Grundverhältnisses nicht die Unwirksamkeit der Vollmacht nach sich ziehen (und umgekehrt).

Erlöschen der Vollmacht

Eine befristete oder auflösend bedingte Vollmacht erlischt mit dem Eintritt des Zeitpunktes der Befristung oder dem Eintritt der Bedingung. Ist eine Vollmacht nur auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft beschränkt, erlischt sie automatisch, wenn dieses Rechtsgeschäft abgewickelt ist. Darüber hinaus endet die Vollmacht – wenn nichts anders bestimmt ist – mit der Beendigung des Grundverhältnisses (§ 168 Satz 1 BGB). Für den Fall, dass das Grundverhältnis fortbestehen soll, ist ein Erlöschen der Vollmacht durch Widerruf möglich (§ 168 Satz 2 BGB).

Ist eine Vollmacht (wie auch immer) erloschen, hat dies zur Folge, dass dem bisher Bevollmächtigten die Vertretungsmacht fehlt. Handelt er dennoch im Namen des ursprünglichen Vollmachtgebers weiter, wirkt das dadurch ausgelöste Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht für oder gegen den Vollmachtgeber. Vielmehr haftet der Handelnde als Vertreter ohne Vertretungsmacht dem Dritten gegenüber (§§ 177 ff. BGB).

Handeln ohne Vertretungsmacht

Die Wirksamkeit eines Vertrages, den der Vertreter ohne Vertretungsmacht schließt, hängt gemäß § 177 Abs. 1 BGB von der nachträglichen Zustimmung (Genehmigung) des Vertretenen ab. Wichtig in diesem Zusammenhang ist , dass ein Vertreter nicht nur ohne Vertretungsmacht handelt, wenn er überhaupt nicht vertretungsberechtigt war, sondern auch dann, wenn er eine bestehende Vertretungsmacht überschreitet.

Durch die Genehmigung des Vertretenen, d.h. durch die nachträgliche Zustimmung, dass er die Rechtsfolgen der Erklärung des Vertreters ohne Vertretungsmacht für und gegen sich gelten lassen will, wird der Vertrag rückwirkend wirksam, § 177 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Um eine eventuell bestehende Ungewissheit auszuräumen, kann der Geschäftspartner den Vertretenen auffordern, sich über die Genehmigung zu erklären. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden. Erfolgt eine Genehmigung nicht, so gilt sie als verweigert, mit der Folge, dass nunmehr der Vertreter die Rechtsfolgen seiner Erklärung gegen sich gelten lassen muss, § 179 Abs. 1 BGB (Haftung gegenüber dem Geschäftspartner).

Duldungs- und Anscheinsvollmacht

Die Regelungen über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht betreffen diejenigen Konstellationen, in denen zu keinem Zeitpunkt eine Vollmacht bestand, der Dritte jedoch aufgrund des sich ihm bietenden Erscheinungsbildes annehmen konnte und durfte, dass eine Vollmacht besteht. Tritt jemand Dritten gegenüber ohne Vollmacht als Vertreter auf, so muss der Vertretene ein vom Vertreter abgeschlossenes Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen, wenn er in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer Vollmacht gesetzt hat.

In zurechenbarer Weise hat der Vertretene den Rechtsschein gesetzt, wenn er:

– von einem entsprechenden Verhalten des Vertreters in der Vergangenheit Kenntnis hat und dieses auch geduldet hat bzw. weiterhin duldet (Duldungsvollmacht)

– das Verhalten des Vertreters zwar nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte kennen und verhindern müssen (Anscheinsvollmacht).

 

Lesen Sie morgen einen Überblick zum Fernabsatz und den besonderen Widerrufsbestimmungen

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