Wie reklamiere ich richtig? Wann darf ich umtauschen?

Sind Reklamationen nur mit einem Kassenbon möglich? Ohne Originalverpackung geht es gar nicht? Wohl kaum ein Bereich des alltäglichen Lebens ist mit so vielen Gerüchten, Halbwahrheiten und Irrtümern behaftet wie die Welt des Einkaufs.

Zur besseren Veranschaulichung ein – selbst erlebtes Beispiel – aus einem großen namhaften Elektrofachhandel: Im Rahmen der Beratung für einen neues Fernsehgerät rät der Verkäufer dazu, ein paar Euro mehr auszugeben. Dies jedoch nicht für eine Extrafunktion oder das nächst bessere Modell, sondern für eine „Zusatzgarantie“. Für etwa 40 Euro mehr könne man sich gegen fast alle Schäden absichern – vier Jahre lang. „Sonst sei man nur ein halbes Jahr geschützt“, will der Verkäufer mir erklären. Hier mag Methode hinterstecken, weil die Händler nach immer neuen Geschäftsfeldern suchen, auf denen sich noch ein paar Euro mehr verdienen lassen. Richtig wird die Aussage des Verkäufers dadurch jedoch nicht.

Trotz des Boom des Internethandels kaufen die Deutschen noch am liebsten dort ein, wo sie die Ware anfassen können – im Laden vor Ort. Der Einzelhandelsverband HDE rechnet für dieses Jahr mit einem Umsatz von 411 Milliarden Euro. Doch nur knapp 30 Milliarden Euro werden davon auf das Online- und Versandgeschäft entfallen. Und dennoch zeigt das genannte Beispiel, dass kaum jemand seine Rechte beim Einkauf, Umtausch und Reklamation so ganz genau kennt. Daher soll nachfolgend eine kleine Übersicht gegeben werden, um wenigstes die Grundregeln zu verdeutlichen.

Erster Irrtum: Wenn mir die Ware nicht gefällt, kann ich sie umtauschen.

Diese Annahme stimmt nicht und hat auch zu keiner Zeit gestimmt. Trotzdem list der Glaube an ein unbeschränktes Umtauschrecht einfach nicht ausrotten. Richtig ist aber: Gekauft ist gekauft. Nur wenn die Ware einen Mangel hat, kann man dies reklamieren. Dabei darf der Händler zunächst versuchen, das Gerät zu reparieren. Schlägt die Reparatur zwei Mal fehl, kann der Kunde die Ware zurückgeben und bekommt sein Geld zurück (Wandlung). Wer will, kann das Produkt auch behalten und sich einen Teil des Geldes erstatten lassen (Minderung).

Andere Regeln gelten, wenn man im Internet bestellt oder per Katalog oder Telefon einkauft. In Deutschland hat man schon jetzt bei solchen Geschäften ein zweiwöchiges Rückgaberecht – und zwar auch dann, wenn das Produkt völlig in Ordnung ist. Von diesem Recht machen die Käufer reichlich Gebrauch. „Im Online-Handel werden 30 bis 50 Prozent der Waren zurückgegeben“, berichtet HDE-Sprecherin Ulrike Hörchens.

Zweiter Irrtum: Ohne Kassenbon kann man nicht reklamieren.

Ein weit verbreiteter Irrglaube. Man muss letztlich nur nachweisen können, dass man die Ware bei dem Händler gekauft hat, bei dem man reklamiert. Dazu reicht theoretisch auch ein Zeuge oder – bei größeren Anschaffungen – der Überweisungsbeleg oder die Kreditkartenabrechnung. Dies ist zwar umständlicher und für den Händler mit mehr Aufwand verbunden aber dennoch ausreichend. Wer sich längere Diskussionen ersparen möchte, hebt seinen Kassenbon auf.

Dritter Irrtum: Ich kann Sachen nur zurückgeben, wenn ich noch die Originalverpackung habe.

Das ist der Grund, warum sich in den Kellern der Deutschen leere Riesenkartons stapeln, in denen einst Fernseher oder Staubsauger verpackt waren. Dies ist weit verbreitet aber unnötig. Man kann auch dann reklamieren, wenn man die Originalverpackung nicht mehr hat. Das gilt auch für den Onlinehandel (so eine ausdrückliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt).

Aber Achtung: Neben der gesetzlich verankerten Gewährleistung, die für fehlerhafte Waren gilt, bieten manche Einzelhändler ihren Kunden – freiwillig – an, auch fehlerfreie Produkte umzutauschen. Weil das eine Kulanzleistung ist, dürfen die Händler dafür Bedingungen stellen – etwa, dass das Preisschild an der Ware bleiben muss oder man die Originalverpackung behält. Gleiches gilt für die – ebenfalls freiwillige – Garantie, die Hersteller oft für Elektrogeräte, Computer oder andere technische Geräte geben.

Vierter Irrtum: Wenn die Ware eingebaut ist, muss ich den Aus- und Einbau selbst bezahlen.

Der Albtraum: Man kauft eine Spülmaschine, baut sie in die Küche ein, und dann streikt die Maschine. Was für Küchengeräte gilt, kann aber auch bei Baumaterial passieren – etwa wenn man erst beim Fliesen bemerkt, dass diese nicht in Ordnung sind. Spülmaschinen- und Fliesenfall landeten kürzlich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), und der entschied zugunsten der Verbraucher. Händler müssen die kaputte Ware nicht nur ersetzen, sondern gegebenenfalls auch aus- und die neue wieder einbauen, wenn sich der Mangel nicht reparieren lässt und vor dem Einbau nicht erkennbar war, stellte das Gericht klar.

Fünfter Irrtum: Bei kaputter Ware muss ich die Kosten für das Einschicken zum Werk übernehmen.

Die Antwort hierauf ist ein klares NEIN. Ist die Ware kaputt, muss der Händler das Produkt kostenlos reparieren. Der Käufer muss weder Transportkosten zahlen noch mögliche Austauschteile. Das gilt für die gesetzlich vorgeschriebene zweijährige Gewährleistungsfrist. Bieten Hersteller oder Händler im Anschluss daran noch weitere, freiwillige Garantien an, können sie jedoch eine Kostenbeteiligung des Kunden verlangen.

Sechster Irrtum: Reduzierte Ware kann ich nicht reklamieren.

Auch das gehört zu den Märchen des Gewährleistungsrechts. Richtig ist: Auch Sonderangebote müssen in Ordnung sein. Für reduzierte Ware gelten daher dieselben Regeln wie für andere Produkte. Weist der Händler jedoch ausdrücklich auf bestimmte Mängel hin („Jeans mit Webfehlern“), kann man wegen dieser Macken später nicht reklamieren – wohl aber wegen anderer Mängel.

Siebter Irrtum: Wenn der Händler sagt, dass ich schuld bin, kann ich nichts machen.

Im ersten halben Jahr (6 Monate) nach dem Kauf ziehen solche Vorwürfe überhaupt gar nicht. Denn während der ersten sechs Monate ist der Kunde in einer sehr komfortablen Situation. Per Gesetz obliegt es nämlich dem Händler zu beweisen, dass das Gerät bei der Übergabe tadellos in Ordnung war. Das ist kaum möglich. Erst nach einem halben Jahr ändert sich die Beweislast jedoch. Erst dann muss der Kunde beweisen, dass die Ware von Anfang an fehlerhaft war.

Achter Irrtum: Mit einer Zusatzversicherung bin ich auf der sicheren Seite.

Viele Händler bieten ihren Kunden beim Kauf eine Versicherung an, die Reparaturen auch nach der Gewährleistungsfrist bezahlt. Bei solchen Lösungen ist es sehr wichtig das Kleingedruckte in den Versicherungsbedingungen zu lesen. Ganz blauäugig sollte man den Aussagen des Verkäufers nicht trauen (siehe Beispiel oben). Oft ist es nämlich so, dass die Versicherer nur den aktuellen Zeitwert der Ware ersetzen und dass ist in vielen Fällen nicht mehr ganz so viel.

Neunter Irrtum: Wenn ich ohne Grund reklamiere, bleibe ich auf den Kosten sitzen.

Wenn Sie nach bestem Wissen gehandelt haben und der Auffassung sind, dass Sie an dem Defekt nicht schuld sind, kann Ihnen nichts passieren. Verbraucher müssen keine Technikexperten sein. Vertragliche Regelungen, die eine Abwälzung der Kosten für solche Fälle auf den Käufer vorsehen, sind ungültig.

Zehnter Irrtum: Gegen eine falsche Gebrauchsanleitung kann man nichts machen.

Stimmt nicht! Wenn sich der gekaufte Schrank nicht aufbauen lässt, weil die Anleitung falsch ist, kann man reklamieren (hier hat der Gesetzgeber die Regelungen zur Gewährleistung um die sogenannte „IKEA-Klausel“ erweitert). Der Kunde kann demnach nicht nur eine neue, fehlerfreie Anleitung verlangen, sondern sogar die Demontage des falsch montierten Möbelstücks. Um einen Mangel zu beheben, muss der Verbraucher weder Aufwand noch Kosten übernehmen, stellt die Stiftung klar. Irrtum ausgeschlossen.

 

Für den Online-Handel stehen demnächst Änderungen an. Am Donnerstag hat das Europäische Parlament neue Regeln für das Einkaufen per Internet oder Telefon festgelegtMehr Schutz beim Online-Shopping und bei Haustürgeschäften bieten künftig die neuen EU-weiten Rechte für die Verbraucher. Nach dreijährigen Verhandlungen in Brüssel stimmte das Europaparlament am Donnerstag den neuen Gesetzen zu. Der scharf kritisierte Flickenteppich aus Verbraucherrechten – mit verschiedenen Gesetzen von Land zu Land – soll damit geglättet werden.

In Zukunft gilt überall in der EU (wie bisher schon in Deutschland) ein Widerrufsrecht von 14 Tagen, gleich ob im Internet oder an der Haustür eingekauft wird. Bestellt zum Beispiel ein Verbraucher in Deutschland über das Internet Ware in Italien, darf er sie zwei Wochen lang umsonst zurückgeben.

Das gilt auch für Ebay-Auktionen. Während Privatverkäufer von dieser Regelung ausgenommen sind, deckt das Widerrufsrecht künftig alle Internet-Auktionen professioneller Unternehmen ab.

Neue Regeln wird es auch für „Tupperware-Partys“ geben: In Deutschland hat man bisher kein Widerrufsrecht, wenn man selbst den Vertreter in die eigene Wohnung bestellt hat und dort unterschreibt. Mit dem neuen EU-weiten Verbraucherrecht ändert sich das. Ein einheitliches Musterformular soll demnächst im Internet abrufbar sein.

Aber es gibt auch Nachteile für deutsche Verbraucher: Informiert der Händler beim Kauf nicht über das Widerrufsrecht, verlängert es sich künftig automatisch auf 12 Monate. Aus EU-Sicht ein Vorteil. In Deutschland galt unter diesen Umständen aber bisher ein unbefristetes (quasi ewiges) Recht auf Rückgabe.

Auch in einem weiteren Punkt bleibt die neue Regelung hinter dem deutschen Recht zurück. In Deutschland müssen die Kunden beim Onlinehandel die Kosten für die Rücksendung der Ware nur bis zu einem Warenwert von 40 Euro tragen. Nach der EU-Richtlinie sollen die Unternehmen die Rücksendekosten künftig komplett auf den Käufer umlegen können. Doch ob die deutschen Versender das nutzen werden, ist zweifelhaft. „Viele Händler werden bei der jetzigen Regelung bleiben“, glaubt Christin Schmidt vom Bundesverband des Deutschen Versandhandels.

Gelten sollen die Gesetze von 2013 an. Die Zustimmung des Rats gilt als Formsache.

 

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