Immer wieder sorgte es für Unverständnis bei den Betroffenen. Es sorgte für Kopfschütteln, weil die Regelung (typisch deutsch) zu formal schien. Der logische Hintergrund war indes schon immer gegeben. Die Rede ist von den Kosten und Gebühren für Lehrlinge oder Studenten – also den Kosten für die Erst-Ausbildung. Nach einem neuen Urteil des Bundsfinanzhofes können Lehrlinge und Studenten die Kosten ihrer Ausbildung künftig leichter steuerlich geltend machen. Welche Konsequenzen diese Entscheidung für den Staatshaushalt hat, ist noch nicht abzusehen aber dem Staat drohen Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Nichts desto trotz hat die Bundesregierung in der Zwischenzeit verkündet, das Urteil weitestgehend und schnell umzusetzen.
„Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung können auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. § 12 Nr. 5 EStG lässt ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den Vorrang des Werbungskostenabzugs bzw. Betriebsausgabenabzugs unberührt.“
Hinter diesem Leitsatz der Entscheidung vom 17.08.2011 zum Aktenzeichen VI R 38/10 verbirgt sich die kleine Sensation. Mit dieser Entscheidung widersprach das höchste deutsche Finanzgericht der seit Jahrzehnten gelebten Praxis der Finanzämter. Diese hatte sich stets geweigert, Aufwendungen für die Erstausbiludng (Berufsausbildung oder Studium) mit späteren Steuerzahlungen zu verrechnen. Die schlichte Argumentation der Finanzämter stellte bei der Prüfung solcher Werbungskosten immer darauf ab, ob diese in Ausübung eines Dienstverhältnisses (Arbeitsvertrages) entstanden seien. Das ist bei einem Studium gerade nicht der Fall. Also wurde die sogenannten „vorweggenommenen Werbungskosten“ verneint und eine Berücksichtigung abgelehnt. In der Folge konnten und durften Aufwendungen für die Erstausbildung oder das Erststudium generell nicht mit späteren Steuerzahlungen verrechnet werden. Viele Tausend Lehrlinge und Studenten haben in den vergangenen Jahrzehnten in den sauren Apfel gebissen und die Regelung akzeptiert.
Mit derartigen ablehnenden Bescheiden wollten sich aber ein Pilot und eine Medizinstudentin nicht abfinden und haben die Entscheidungspraxis der Finanzämter bis zum Bundesfinanzhof zur Überprüfung gestellt. Das Ergebnis ist die kleine Sensation, die im zuvor beschriebenen Leitsatz mündete.
Denn ein – wie bisher praktiziertes – allgemeines Abzugsverbot kann schlechterdings nicht nicht aus dem Einkommensteuergesetz abgeleitet werden, entschied der Bundesfinanzhof (Aktenzeichen: VI R 38/10 und VI R 7/10).
Das Gericht erklärte, in beiden Fällen seien die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst, so dass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssten.
In einem Fall hatte ein angehender Pilot geklagt und Kosten von fast 28.000 Euro geltend gemacht. In dieser Höhe beantragte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004, einen Verlustvortrag festzustellen. Sein Argument: Die Ausbildung gleiche vorweggenommenen Werbungskosten für seinen künftigen Job als angestellter Pilot. Im zweiten Fall hatte eine Medizinstudentin geklagt.
Die Kosten für die Miete am Studienort, Hochschulgebühren, Computer und Bücher können schnell Summen im fünfstelligen Bereich erreichen. Dem Staat drohen damit Steuerausfälle in Milliardenhöhe.