Deutschlands drittgrößter Energieversorger Vattenfall stellt sich gegen die Subventionierung von Reservestrom in Kapazitätsmärkten. Anders als RWE und E.on sieht das Unternehmen vorhandene Überkapazitäten bei den herkömmlichen fossilen Kraftwerken, die die Stromversorgung bei Stromschwankungen regenerativer Energien sicherstellen sollen. Die Energiewende könnte allein durch den Ausbau der Übertragungsnetze günstig und effizient durchgeführt werden.
RWE und E.on sind die beiden führenden Energieversorger Deutschlands. Besonders RWE leidet aufgrund von wirtschaftlichen Fehlentscheidungen, beispielsweise den Investitionen in herkömmliche Kraftwerke noch während des Booms erneuerbarer Energien, stark unter der Energiewende. Im vergangenen Jahr wurde sehr viel Energie aus Wind-, Biomasse- und Solarkraftwerken gewonnen. Da dadurch viel günstige Energie zur Verfügung stand, bedeutete das für die Energieversorger, dass die Preise an den Strombörsen einbrachen, wodurch sich kostenintensivere Kohle- oder Gaskraftwerke nicht mehr rechneten und Verluste einfuhren.
RWE und E.on für Kapazitätsmärkte, Vattenfall dagegen
Da die Produktion regenerativer Energien natürlichen Schwankungen unterliegt, sind die Stromversorger verpflichtet, Reserveenergie zu produzieren, um diese Schwankungen auszugleichen. So soll es immer ausreichend Energie geben und kein Engpass entstehen, bis es genügend Kraftwerke für erneuerbare Energien gibt, die die Versorgung dauerhaft sicherstellen können. RWE und E.on beklagen jedoch, dass sich der Betrieb herkömmlicher Kraftwerke zur Produktion von Stromreserven nicht rechnet und fordert Subventionen in Form so genannter Kapazitätsmärkte.
Der dritte große Versorger in Deutschland, der schwedische Energiekonzern Vattenfall, spricht in einem internen Positionspapier eine ganz andere Sprache. In dem Papier, das dem Nachrichtenmagazin Spiegel vorliegt, wendet sich Vattenfall gegen seine Konkurrenten und behauptet, dass es sogar Überkapazitäten bei den fossilen Kraftwerken gibt und ein Kapazitätsmarkt überflüssig sei. Der Ausbau der Übertragungsnetze würde vollkommen ausreichen, die Energiewende ohne Subventionen und befürchtete temporäre Stromknappheit zu schaffen.
Versorgungssicherheit und Erholung der Energiepreisbildung
Vattenfall stellt in der internen Analyse fest, dass die vorhandenen Kapazitäten in der Stromproduktion mehr als ausreichend sind, um Ausfälle bei erneuerbaren Energien abzufangen. Bis zum Jahr 2020 sei dies derzeit kein Problem. Ebenso könnten unrentable Kraftwerke vom Netz genommen werden. Dadurch würden die Verluste, die die Energieunternehmen dadurch erwirtschaften, verringert und die verbleibenden Kraftwerke würden sich wieder wirtschaftlich rentieren, was Subventionen obsolet macht. Zudem würden diese Schritte dafür sorgen, dass sich die Energiepreisbildung erhole und somit Planungssicherheit herrscht.
Das Unternehmen aus Schweden führt weiter an, dass man aber in jedem Fall weiterhin Kraftwerke bestimmen solle, die eine „strategische Reserve“ produzieren. Werden zu viele unrentable Kraftwerke abgeschaltet, würde es laut Vattenfall nicht zu großen Stromausfällen kommen, sondern lediglich zu „regionalen Kapazitätsproblemen“. Diese könnte man jedoch durch den Ausbau der Übertragungsnetze verhindern.
Im Endeffekt bedeutet das, dass es einer „kleinen“ Investition in den Netzausbau bedarf, um, sicherlich deutlich teurere, Subventionen für unrentable Kraftwerke obsolet zu machen und die Energiewende dadurch voranzutreiben. Tuomo Hatakka, Chef von Vattenfall Europe, ist mit dem Positionspapier vertraut, möchte sich allerdings jetzt noch nicht darauf festlegen, da der rasante Wandel auf dem Energiemarkt dafür sorgt, dass langfristige Einschätzungen derzeit schwierig abzugeben sind.